Figuren tanzen, das Schloss bebt

Die zweite Runde begann mit einem Paukenschlag, der sich allerdings bereits am Donnerstag angekündigt hatte. Das nervöse Ein- und Austreten, das für Schachturniere typisch ist, hatte die Türen des Schlosssaals nämlich überlastet, sodass sie nicht nur rumpelten, sondern teils auch nicht mehr recht funktionierten. Heute morgen nun, als die zweite Runde schon begonnen hatte, krachte gleich ein Türgriff auf den Boden. Die meisten Spieler schienen aber bereits so vertieft in ihre Partie, dass sie davon nichts mitbekamen. Falls mal die Decke runterkommen sollte, werden wir euch informieren, damit ihr es nicht verpasst.

Alex Vučković, genannt der serbische Adler, drehte auch heute seine Runden und stürzte sich hier und da auf besonders interessante Stellungen. An Brett 1 sah er ein spannendes Eröffnungsduell im Wettstreit (Žarko Vučković) gegen Schützling (Alex Rempel jun.), wobei bereits nach wenigen Zügen offenbar wurde, dass Žarko schon mehr übers Schach vergessen als Alex gelernt hat.😉

Die Engine sah nach dem 16. Zug von Weiß allerdings schon +2,3.

An Brett 2 plante der Favorit (IM Thomas Reich) frühzeitig einen Krakenspringer auf d4 ein und benannte damit das Thema der Partie: guter Springer gegen schlechter Läufer.

Im 20. Zug hatte Thomas Reich vorerst nur einen kleinen Vorteil.

An Brett 8 (Haugg – Balzer) fühlte sich Schwarz in seinem Schlummermodus wohl. Nach Alex’ Einschätzung spielte der Favorit die Eröffnung zu sorglos und Alex vermutete, dass er bald ein böses Erwachen erleben dürfte. Ob es am beiderseitigen Schlummern oder doch an höchster Konzentration lag, dass beide Partieformulare schon in der Eröffnung nicht mehr übereinstimmten und die Partie daher hier leider nicht mit Diagramm vorgestellt werden kann?

An Brett 14 legte Michael Schrimpf trotz des zarten Alters eine erstaunliche Reife gegen Dominik Arndt an den Tag. Doch wird es zu mehr als einem halben Zähler reichen? Zu diesem Zeitpunkt konnte Alex noch nicht wissen, dass diese Partie zu den zwei längsten der Runde gehören würde. Nach viereinhalb Stunden wurde hier immer noch gekämpft. Am Ende stand ein Remis.

Nach dem 24. Zug stand Michael glatt auf Verlust, aber der Gegner spielte nicht das wenig intuitive Ke8, um den König zum Damenflügel zu evakuieren, sondern Kg8 und vergab damit den Vorsprung. Die Partie sollte viel später remis enden.

Altmeister Blodig wollte an Brett 17 mit einem Benoni das scharfe Spiel gegen Simon Schaad forcieren, wurde aber plötzlich selbst scharf angegangen. Eine interessante Variante.

Schon nach dem 12. Zug eine etwas wüste Stellung bei Schaad – Blodig, aber der Computer sieht keinen im Vorteil.

An Brett 27 spielte Kseniia Protsenko gegen René Gaisbauer, wo sich folgende Stellung ergab:

Wie den Läufer schlagen? Fragen über Fragen schon im 9. Zug. Verloren hätte cxd6. Schwarz entschied sich für Dxd6, was nicht schlecht war. Die beste Lösung war aber exd6.

An Brett 28 (Wietschorke – Hohoff) bahnte sich schon im 10. Zug nach Beobachtung von Alex eine Angriffswelle auf den schwarzen König an.

Tatsächlich sollte diese Partie aber bald in ruhigeren Bahnen verlaufen und es kam zur Punkteteilung – vielleicht hätte Weiß aggressiver fortsetzen sollen?

An Brett 35 (Philipp Hoffmann – Junchi Li) stellte sich die Frage, was schwerer wiegen würde: Feldkontrolle oder die halboffene f-Linie:

Stellung an Brett 35 nach dem 14. Zug. Weiß gewann hier schließlich.

An Brett 46 (Mohm – Giraudo) gab es Todesgrüße von Weiß: Der Angriff wurde nicht etwa zaghaft angekündigt, sondern dem Gegner förmlich entgegengebrüllt.

Stellung an Brett 46 nach dem 16. Zug.

An Brett 57 fragte sich Alex angesichts des jugendlichen Weißspielers und seines kindlichen Gegners: Mit 17 Jahren schon ein alter Mann?

Hier hatte Peter Langer mit Weiß gegen Rayan Schwarz erst mal nur einen kleinen Vorteil. Mit einigen ungenauen Zügen versaute sich Schwarz nun aber die Bauernstellung.

An Brett 64 (Holger Kalleder – Sara Vignesh) wunderte sich Alex:

Was machen denn die schwarzen Figuren auf der a-Linie? Wenn das mal gut geht …

Bei Alex’ nächster Runde hatte sich der Trainer an Brett 1 nicht nur das Läuferpaar gesichert, sondern auch Aktivität und die Zeitnot des Schützlings.

Brett 1 nach dem 29. Zug. Nach 35 Zügen war die Partie denn auch vorbei (1:0).

Nebenan bei IM Reich stand das sich schon in der Eröffnung abzeichnende Thema nun in voller Klarheit auf dem Brett. Garniert wurde das schwarze Spiel mit einem Mehrbauern. Für den Sieg brauchte Thomas aber mehr als 60 Züge.

An Brett 17 nahm ein wackerer Kämpfer wie der Altmeister Blodig den Fehdehandschuh auf und nutzte sowohl die Aktivität der Läufer als auch die h-Linie zum Gegenschlag.

Nach Zug 23 hatte Schwarz an Brett 17 schon klaren Vorteil. Er ließ sich den Sieg auch nicht mehr nehmen.

An Brett 27 war aus der halboffenen Linie von Weiß mittlerweile ein Minusbauer geworden. Doch noch durfte sich Weiß über eine solide Initiative freuen. Wenn da nur die Zeitnot nicht gewesen wäre, die Weiß das Leben schwer machte. So gewann Schwarz schließlich auch.

An Brett 46 ging der Angriff doch nicht durch, allerdings gab es für Weiß wenigstens einen Mehrbauern und einen Sargnagel auf g6. Weiß gewann hier denn auch.

Die Figuren, die an Brett 64 auf der a-Linie geparkt worden waren, fehlten letztlich (1:0).


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