Ein Gespenst geht um

Ein Gespenst geht um in Bayern, das Gespenst der neu gepaarten ersten Runden. AFRO, Ortenburg und wer weiß wo noch es passiert ist – da sind wir immerhin in guter Gesellschaft. So groß ist die Freude, dass wir einen pünktlichen Start hinlegen können und um Punkt 15 Uhr alle ihren Gegner kennen, und so tief ist das Bestürzen, als wir feststellen, dass ein angemeldeter Spieler nicht gepaart worden ist. Also von vorne. Danke an alle Teilnehmer für die Geduld und Nachsicht! Es geht dann aber auch zügig weiter.

Unser Chefspäher Alex Vučković, der mit uns den ganzen Nachmittag über seine Beobachtungen teilt, findet, dass die erste Runde vom Thema des Läuferpaars geprägt ist. Eine Themenrunde! Doch während am Spitzenbrett (Žarko) gegen das Läuferpaar gespielt werden muss, vertraut Thomas Reich darauf, was ihm sogar einen Bauern wert ist. An Brett 8 dagegen ist ein doppeltes Läuferpaar in einem geschlossenen Sizilianer in Aktion zu bestaunen.

Žarko gibt in Zug 8 freiwillig das Läuferpaar auf. Žarko. Das Läuferpaar. Freiwillig. Er weiß halt, was er tut.

Brett 18 ist verwaist und man könnte meinen, man habe hier schon Remis gemacht, aber bei Schwarz läuft die Zeit. Am Brett des sehbehinderten Spielers sieht Alex eine „bestens bekannte Stellung, die dieser bestens im Griff hat“.

An Brett 46 findet er wieder das Leitmotiv der Runde, ein Läuferpaar, hier sehr dominant, und unkt: „Ach, wenn Žarko das nur schon könnte …“ An Brett 48 ist die Lage verschärft: Die Läufer auf f3 und f4 verheißen nichts Gutes für den schwarzen Monarchen.

An den Brettern 58 und 55 ist der Kampf bereits entschieden. Wie? Ein Blick in den Ergebnisdienst lohnt!

Brett 61: Ein Läufer hinter der Bauernkette auf a6 sorgt für gewisse Kopfschmerzen. An Brett 65 hingegen gilt: Es lebe der Kampf mit offenem Visier!

Weiter ist Alex auf der Jagd nach Läuferpaaren. An Brett 26 hat das Team Läuferpaar einen bedrohlich gedeckten Freibauern bis nach e6 vorgedrückt.

Mit dem jeweils halbierten Läuferpaar hat man sich an Brett 30 begnügt und nun kämpft man um die Initiative bei ungleichfarbigen Läufern – spannend.

Packendes Schachfreunde-Duell an Brett 34 zwischen Alex Rempel jun. und Leo Fritscher, die auch schon mal in der gleichen Mannschaft gespielt haben. Siegt die Initiative von Alex oder der Mehrbauer von Leo?

Eine Dame in Not an Brett 39. Wird ihr jemand zu Hilfe eilen? Wird ihr die Flucht gelingen oder ist sie schlicht perdu?

Nach zwei Stunden macht Alex seinen nächsten Rundgang. Während am Spitzenbrett das Läuferpaar sich nicht durchsetzen konnte, sorgte es am zweiten Brett für eine dominante Stellung.

In dieser Stellung, in der Schwarz nur einen kleinen Vorteil hatte, zog Tim Kalleder gegen Žarko Ld3. Danach ging sein Turm recht bald verlustig. Stattdessen hätte fxe5 die Chancen gewahrt.
Mit Lg5 wollte Schwarz (Arthur Sitnik) dem Weißen, IM Thomas Reich, das Läuferpaar rauben. Doch nach Dh3 droht ein Spieß auf der langen Diagonale und der Lg5 hängt – ein Qualitätsverlust ist nicht zu vermeiden. Thomas spielte stattdessen f4, was auch zu großem Vorteil führte.

An vielen Brettern gibt es kleine und große Dramen zu beobachten:

Wer zuerst etwas tauscht, verliert, scheint man sich an Brett 8 zu denken. Altmeister Blodig und der Freibauer! Welcher Weg führt zum Sieg (Brett 20). Und noch ein Freibauer, der den Traum von der Freiheit auslebt (Brett 24). Eine Amazone im Blutrausch! Selten sah man eine solche Dominanz auf dem gesamten Brett (Brett 35). Ach ja, und da gibt es noch die Geschichte vom Kampf gegen den Isolani. In dieser Konstellation ein hartes Brot für die Isolaniseite (Brett 44). Was kann man gegen die drohende Bauernwalze tun? Die entscheidende Frage, auf die Schwarz eine Antwort an Brett 48 finden muss.

An Brett 50 empört sich Alex: Ein König vor der Bauernkette! Was hat sich Weiß (Michael Steinberger) da bloß gedacht? Noch einmal erspäht er ein wütendes Läuferpaar, nämlich an Brett 54. Da macht es auch nichts, dass Weiß eine Qualität weniger hat.

Ein gefühltes Doppeltandem gibt es an den Brettern 63 und 64. Zwei Routiniers müssen sich zweier Jungmeister erwehren.

Die letzte Partie endete heute nach 20 Uhr und dauerte damit ziemlich genau fünf Stunden. Wir sagen ciao bis morgen früh.


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Kommentare

2 Antworten zu „Ein Gespenst geht um“

  1. Avatar von Simon Schaad
    Simon Schaad

    Hallo,

    zunächst ein Lob für den tollen Blogeintrag. Ich finde es toll, dass ihr über viele Bretter hinweg berichtet. Auch wenn man von den Stellungen als Mitspieler doch recht wenig bis gar nichts weiß, hauptsächlich, weil man ja mit seinen eigenen Partie beschäftigt war.

    Etwas weniger gefallen hat mir, dass zu Beginn des Turniers gesagt wurde, dass Spieler, die am Zug sind, das Brett nicht verlassen dürfen.

    Die FIDE-Regeln sprechen vom Spielbereich (“Der Spielbereich ist der Bereich in dem die Partien eines Turniers gespielt werden.”), der nicht verlassen werden darf (“Nur mit Genehmigung der Schiedsrichterin / des Schiedsrichters darf der am Zug befindliche Spielende den Spielbereich verlassen”).

    Ist zwar eine Kleinigkeit, aber wenn 132 Spieler eine “falsche” Regel verbreiten ist auch Niemandem geholfen.

    1. Avatar von Alex Dommnich

      Hallo Simon,

      vielen Dank für den Hinweis. Du hast natürlich völlig recht und ich habe es heute vor der Runde auch noch einmal klargestellt: Wer am Zug ist, darf natürlich durch den Spielbereich spazieren und muss sich nicht am eigenen Brett aufhalten.

      Danke auch für dein Lob! 🙂

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