Die 2. Runde ist gestartet!

Im großen Saal des Wittelsbacher Schlosses zu Friedberg wird seit 25 Minuten wieder eifrig gebrütet. Ab heute übernimmt Kevin das Live-Blog; er ist gerade dabei, seine erste Runde zu drehen.

An den Spitzenbrettern gibt es dank des beschleunigten Schweizer Systems heute bereits Paarungen zwischen den Meistern und Spielern jenseits der 2000 DWZ zu sehen. Beim topgesetzten GM Hagen Poetsch steht ein königsindischer Angriff zur Debatte, nach rund 15 Zügen sieht hier noch alles normal aus. An Tisch 2 hat IM Yevgeniy Roschka die Stellung durch e6-e5 kürzlich von Modern- zu Altbenoni transformiert. Man darf gespannt sein, wie sein Gegenüber Maximilian Lutter dieses eher selten gesehene System angehen wird. GM Bryan Smith an Brett 3 stellt sich gegen Sven Krupkes e6-Sizilianer mit dem Fianchetto-Aufbau zunächst ruhig auf. Schwarz hat einen vereinzelten Bauern auf c6, doch ist hier gewiss noch alles im Lot. Am Nachbarbrett kommt es zur Neuauflage des Duells “Schüler gegen Trainer” aus dem vergangenen Jahr, Vincent Blodig mit Weiß gegen Žarko Vučković. Ob es wieder eine Seeschlange werden wird? Žarko hat Vincent mit 1…e6 hier sicherlich etwas überrascht; im nun entstandenen Tarrasch-Franzosen belauern sich die beiden Kontrahenten zunächst.

Tisch 9 sieht – wie immer, wenn Uli Weller mit Weiß spielt, möchte man meinen – einen geschlossenen Sizilianer, in dem sich aber auch Michael Iberl gut zurechtzufinden scheint. Schwarz hat die typische leichte Initiative, Weiß setzt darauf, die schwarzen Figuren im günstigen Moment zurückzuwerfen.

An Tisch 40 beharken sich Elias Herbst und Helmut Specht. In einem Alapin-Sizilianer hat Elias hier seine Entwicklung etwas vernachlässigt und viele Bauern gezogen, was Schwarz seinerseits zum Gewinn des Bauern a2 mit der Dame nutzte. Seien wir gespannt, ob es Elias gelingen wird, diesen Bauernraub als Opfer rechtzufertigen.

Brett 44 zwischen Johannes Dombert und Michael Boger sieht einen klassischen Schotten, in dem Weiß den üblichen kleinen Raumvorteil hat, aber noch alles in der Reihe ist. Garry Kasparov war es, der diese Eröffnung einst wieder ins Rampenlicht führte. Ob die beiden seine Partien wohl kennen?

Tisch 58 bietet ein Duell mit einem deutlichen Erfahrungsunterschied, spielt mit Weiß doch Oda Lorenz, eine Grande Dame im bayerischen Frauenschach. In einer spanischen Partie hat sie sich gegen Patrick Hilse bereits einen beträchtlichen Zeitvorsprung erarbeitet. Stellungsmäßig ist hier noch nicht allzu viel passiert.

An Brett 62 spielen zwei noch sehr junge Nachwuchsspieler gegeneinander. Marlene Giss hat sich mit Weiß in geschlossener englischer Manier aufgestellt, Lokalmatador Junchi Li das Zentrum besetzt und entsprechend etwas Raumvorteil. Trotz ihres jungen Alters nehmen sich beide Zeit zum Nachdenken – das ist schön anzusehen.

Die ersten Ergebnisse stehen bereits in der Liste: zwei Weißsiege von Michael Trimpl gegen Johannes Wolfmaier senior und von Leon Olfert gegen Theodor Nuber. Leider sind nach Ablauf der Karenzzeit auch zwei kampflose Paarungen zu vermelden: Paul Hartel und Mark Radovanovic sind nicht erschienen, sodass Daniel Kranich und Johannes Bosch die Punkte von Hauptschiedsrichter Fabian Wölfle kampflos zugesprochen bekommen.

An Tisch 62 ging es nun doch schneller als erwartet: Nachdem Weiß mit der Stellung offenbar nicht so recht etwas anzufangen wusste und Schwarz ein paar Tempi schenkte, war plötzlich ihre Dame auf e3 gefangen und ging verloren. Junchi holt damit seinen ersten Zähler.

Brett 62: Die weiße Dame ist gefangen und geht verloren.

An Tisch 1 ist inzwischen der weiße b- gegen den schwarzen d-Bauern getauscht. Insgesamt wirkt die weiße Stellung etwas dynamischer, was sich auch im Zeitverbrauch widerspiegelt.

Am zweiten Brett hat sich die g-Linie geöffnet, nachdem Weiß zeitig g2-g4 gespielt und Schwarz schließlich mit f7-f5 gekontert hat. Der schwarze Damenflügel schlummert hier noch im Dornröschenschlaf, dafür steht auch der weiße König noch in der Mitte.

GM Smith nennt inzwischen das Läuferpaar sein Eigen, dafür steht auf der c-Linie ein weißer Doppelbauer einem schwarzen Einzelbauern entgegen. Allerdings kann Weiß so dem schwarzen Springer sein schönes Feld d5 streitig machen.

Äußerst spannend präsentiert sich Vincents Position gegen Žarko. Letzterer musste – ganz entgegen seiner Gewohnheit – früh das Läuferpaar abtreten; der weiße Läufer auf d6 hindert Schwarz an der Rochade. Žarko hat sich dafür mit der Dame auf b2 einen Bauern geangelt. Anders als vor Jahresfrist wurden heute also bereits früh Ungleichgewichte geschaffen.

Uli Weller hat zwischenzeitlich den Vorstoß d3-d4 durchgesetzt, allerdings – auch das nicht untypisch für ihn – schon wieder einigen Zeitnachteil auf der Uhr. Schwarz muss seine Entwicklung noch mit der Rochade abschließen, bevor sich die Stellung zu seinem Nachteil öffnet.

An Brett 40 hat sich noch nicht viel getan; eventuell könnte die schwarze Dame einmal in Bedrängnis geraten, da sie gerade nicht viele Felder zu ihrer Verfügung hat.

Im Schotten an Tisch 44 steht Weiß schön aktiv, doch geht hier wohl gleich eine Qualität verloren, da Schwarz mit Lg4 einen Spieß auf Df3 und Td1 anbringen konnte. Dieses Versehen könnte Weiß teuer zu stehen kommen.

Oda Lorenz hat inzwischen eine halbe Stunde mehr auf der Uhr und einen Springervorposten auf f5 installiert. Schwarz kontrolliert dafür die offene c-Linie mit seinen Türmen und ist mit dem Turm nach c3 eingedrungen. Interessant anzusehen ist der Vierfachbauer auf der d-Linie: weiße Bauern auf d3 und d5, schwarze Bauern auf d4 und d6.

An Tisch 1 winkt den weißen Springern das schöne Vorpostenfeld d5, doch wie soll man dorthin gelangen? Schwarz peilt mit Lh3 den Läufertausch an, worauf GM Poetsch mit f5 den potentiell verbleibenden Lg7 schlecht macht. Allerdings beherrscht Schwarz das Feld f5 nominell öfter als Weiß – nun könnte es also kompliziert werden.

An Brett 2 hat Weiß inzwischen lang rochiert und Schwarz am Königsflügel mit f5-f4 Raum gewonnen. Nun überlegt Max Lutter am weiteren Vorgehen und entschließt sich, mit Kb1 zunächst seinen König noch etwas sicherer zu stellen.

An Tisch 3 hat Weiß inzwischen das Läuferpaar gegen Turm und zwei Bauern, bei zusätzlich noch Dame und Turm sowie einigen Bauern auf jeder Seite. Schwarz hält mit dem a-Freibauern einen langfristigen Trumpf, doch befindet sich dieser noch auf seinem Ausgangsfeld. Die weißen Läufer beherrschen das Brett, insbesondere der Ld4 – Schwarz muss hier sehr auf der Hut sein und ist bereits bei unter 20 Minuten Restbedenkzeit angekommen.

Das trifft auch auf Vincent zu – er muss seine 20 Züge bis zur Zeitkontrolle auch mit rund 20 Minuten plus Inkrement bestreiten. Žarko versucht, sich langsam zu befreien, steckt jedoch nach wie vor mit dem König in der Mitte fest. Wird der Bayerische U14-Meister von 2023 einen Weg finden, seine Aktivität in etwas Zählbares umzumünzen?

Michael Iberl musste gegen Uli Weller seinen Fianchettoläufer auf g7 abtauschen lassen und hat sich nun mit einer etwas luftigen Königsstellung auseinanderzusetzen. Weiß genießt Raumvorteil und macht Druck auf der c- und d-Linie. Den hängenden Bauern auf b2 ignoriert Uli konsequenterweise.

Helmut Specht hat seine Dame inzwischen sicher nach e7 evakuiert und konnte obendrein ein weiteres Leichtfigurenpaar tauschen. Um die Koordination der verbleibenden Figuren steht es bei Elias Herbst noch nicht zum Besten, sodass der Mehrbauer allmählich schwerer wiegt. Dennoch kann Weiß versuchen, mit seinen infolge seiner Eröffnungsbehandlung aufgerückten Königsflügelbauern die schwarze Königsstellung zu behelligen.

Michael Boger hat Johannes Dombert wie erwartet eine Qualität abgenommen und zudem einen erklecklichen Zeitvorsprung. Weiß kann seinerseits auf die etwas gelockerte schwarze Königsstellung verweisen und hat hier sicherlich praktische Chancen – aber auch nur noch 12 Minuten plus Inkrement für über 20 Züge…

Patrick Hilse hat an Brett 58 inzwischen einen Mehrbauern, aber Weiß dominiert mit den verbliebenen Schwerfiguren Dame und Turm die 7. Reihe. Zudem hat Oda Lorenz nach wie vor über eine Stunde auf der Uhr, während Schwarz bei unter 20 Minuten angekommen ist.

GM Smith gewinnt an Tisch 3 gegen Sven Krupke. Die Läufer ließen sich nicht im Zaum halten und die schwarze Stellung brach innerhalb weniger Züge auseinander.

Mit 26.Lxf7+! knipste Weiß dem Schwarzen hier das Licht aus.

Auch an Tisch 58 ist die Partie beendet: Oda Lorenz bietet die Zugwiederholung an und Patrick Hilse ist einverstanden. Damit ein halber Punkt für beide Kombattanten.

Mit 38.Kg1 Dd1+ 39.Kh2 Dd4 40.Kg1 Dd1+ wurde das Remis hier unterschriftsreif.

An Brett 44 gewinnt Schwarz. Nachdem die Damen getauscht waren, sammelte Michael Boger taktisch den einen oder anderen Bauern ein und fuhr den Punkt sicher nach Hause.

Hier hatte Weiß noch Kompensation für die Qualität, aber nach dem Damentausch auf f5 ging es schnell bergab.

Eine dynamische Stellung steht bei GM Poetsch gegen Bernhard Schmid auf dem Brett. Die weißen Springer wirken harmonischer zusammen als Springer und Läufer bei Schwarz, zudem hat Weiß zehn Minuten mehr auf der Uhr, was an Bedeutung gewinnt, je näher die Zeitkontrolle rückt. Trotzdem sind hier noch alle Resultate möglich.

An Tisch 2 wurde viel getauscht, nun stehen bei Weiß Turm, Läufer und fünf Bauern gegen Turm, Springer und fünf Bauern, bei jeweils ähnlichem Zeitverbrauch. Tendenziell steht Schwarz hier etwas aktiver, doch muss das noch längst nichts heißen.

Bei Vincent und Žarko hat sich der Pulverdampf inzwischen etwas gelichtet und es verbleiben beiden Recken jeweils Turm, ungleichfarbige Läufer und vier Bauern. Žarkos König steht nach wie vor auf e8, etwas angeleimt an seinen Ld7, dafür hat Schwarz am Damenflügel das Potential, einen Freibauern zu bilden. Vincent spielt mit drei Minuten plus Inkrement für rund zehn Züge.

Nur unwesentlich mehr Zeit verbleibt Uli Weller an Brett 5 bis zur Zeitkontrolle. Er nennt einen Freibauern auf b5 sein Eigen, den Michael Iberl blockieren muss. Das Material ist gleich, zwei Türme, Läufer, Springer und fünf Bauern bei jedem.

An Tisch 40 sind neben den Bauern jeweils nur noch Dame und Turm auf dem Brett. Schwarz behauptet nach wie vor einen Plusbauern und überlegt nun am weiteren Vorgehen, während Weiß auf einen Fehltritt lauert.

An den Spitzenbrettern steht bei den DWZ-Favoriten mittlerweile jeweils ein Mehrbauer auf der Habenseite. An Tisch 1 ist zudem der schwarze König lästigen Nachstellungen des weißen Springerpärchens ausgesetzt.

Bei Vincent und Žarko ist nach dem Turmtausch ein ungleichfarbiges Läuferendspiel entstanden. Vincent besitzt einen Mehrbauern in Form seines doppelten g-Bauern, Žarko dafür einen Freibauern auf b5. Hier wird es wohl bald zum Friedensschluss kommen.

Auch bei Weller – Iberl sind neben den Bauern nur noch Leichtfiguren auf dem Brett verblieben. Der weiße Freibauer b5 wird vom schwarzen Sc4 bewacht, der schwarze Freibauer d5 vom weißen Sd4 blockiert. Auf Gewinn spielen kann wohl eher Uli mit seinem entfernten Freibauern.

An Tisch 40 steht nach dem Abtausch der letzten Schwerfiguren ein reines Bauernendspiel auf dem Brett. Gewinnen kann hier nur Schwarz mit seinem Mehrbauern, doch die Stellung ist verschachtelt und Weiß versucht, sie vollends zu blockieren. Das gelingt aber nicht: Helmut Specht dringt mit dem König in die weiße Position ein und wird einen zweiten Bauern gewinnen. Das will Weiß sich nicht mehr zeigen lassen und reicht seinem Gegenüber die Hand zur Aufgabe.

Mit 34.Tc3? tat Elias seinem Gegner hier einen Gefallen, da das Bauernendspiel glatt verloren ist.

Hagen Poetsch sucht an Brett 1 bei knapper Zeit nach dem K.o.-Schlag. Bei Blodig – Vučković an Tisch 4 steht ein ausgekämpftes Remis auf dem Ergebniszettel.

Die Endstellung an Tisch 4.

Ein unerwartetes Ergebnis erreicht uns von Brett 8. Dort bezwingt Dominik Höpfl mit Weiß den Vorjahressieger IM Thomas Reich vom FC Bayern München.

An Tisch 9 schlägt Uli Weller Michael Iberl nach hartem Kampf.

Am Spitzenbrett sind inzwischen die Damen getauscht. Im Endspiel zwischen weißem Springerpärchen gegen Springer und Läufer bei Schwarz besitzt Hagen Poetsch einen Mehrfreibauern auf f5. Allerdings droht der weiße Bauer auf c3 verloren zu gehen.

Bei Lutter – IM Roshka sucht Schwarz mit seinem Mehrfreibauern auf h7 nach einem Weg voran. Weiß wartet ab und versucht, seinem Kontrahenten möglichst großen Widerstand entgegenzusetzen.

An Tisch 1 wird inzwischen ein Endspiel mit Springer und zwei verbundenen Bauern bei Weiß gegen Springer und einen Bauern bei Schwarz debattiert. Brett 2 sieht nach wie vor ein zähes Ringen. Eine interessante Materialverteilung ist an Tisch 6 zwischen Cornelius Mühlich und FM Sebastian Böhme zu bestaunen: Schwarz hat einen blanken Turm gegen einen weißen f- und zwei weiße h-Bauern. Es sind dies die letzten drei laufenden Partien.

In diesem Moment gewinnt GM Poetsch seine zweite Partie und auch FM Böhme holt gegen Cornelius Mühlich seinen zweiten vollen Zähler. Die letzte Partie der 2. Runde wird damit an Tisch 2 zwischen Max Lutter und IM Yevgeniy Roshka ausgekämpft.

Und auch diese Partie endet in diesem Moment. Die Partieformulare sind hier allerdings noch nicht eingetroffen.

IM Roshka bezwingt Max Lutter nach langem Kampf und steht damit ebenfalls bei 2/2.

Die 3. Runde beginnt heute um 15 Uhr. Die Auslosung folgt in Kürze.


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