Zur letzten Runde beginnen wir den Rundgang natürlich auch am letzten Brett. Hier spielt seit Turnierbeginn Peter Heil, dem aus gesundheitlichen Gründen ein festes Brett zugewiesen ist. Von Setzlistenplatz 58 aus gestartet, schlägt Peter sich sehr achtbar und hat bereits 4 Zähler auf seinem Konto. Auch gegen Christian Struck versteckt er sich keineswegs, sondern beginnt bei blockiertem Zentrum eine Aktion gegen den kurz rochierten weißen König.
An Tisch 1 schließen die Augsburger Teamkollegen Žarko Vučković und Uli Weller rasch Frieden. Žarko läuft damit bei 5,5 Punkten ein, Uli nennt 6 Zähler sein Eigen. Damit wird er um den Turniersieg ein gewichtiges Wort mitsprechen, doch können auch andere Spieler mit 5 Punkten im Falle eines eigenen Sieges noch aufschließen.
Zwei dieser Spieler kreuzen am 2. Brett die Klingen. Im Damengambit behauptet Artur Steinhauer um den Preis einer passiven Stellung den angebotenen Bauern. Es ist anzunehmen, dass IM Reich mit Weiß hier bis zur letzten Patrone auf Sieg spielen wird – immerhin winken für den Turniersieg nicht weniger als 1.000 Euro Preisgeld.
Brett 3 sieht ebenfalls eine Struktur aus einem Damenbauernspiel. Schwarz vertreibt den weißen Läufer von g5 allerdings frühzeitig mit …f6 und positioniert dann konsequenterweise auch seinen König auf f7. Markus Lechermann wird sicher nach Wegen suchen, diese etwas provokative Spielweise von Quang Bach Duong in Zweifel zu ziehen.
Ein schwerblütiges Ringen liefern sich Vincent Blodig und Martin Schönwetter in einer Mischung aus Philidor- und Pirc-Verteidigung. Weiß hat beträchtlichen Raumvorteil, doch die schwarze Stellung ist fest. Man darf gespannt sein, wie die Augsburger Nachwuchshoffnung die Sache anpacken wird.
Lars Balzer präsentiert mit Weiß eine originelle Behandlung der Caro-Kann-Verteidigung, die entfernt an einen Grand-Prix-Angriff erinnert. Heiko Hymer hat dem weißen König allerdings das Rochaderecht verleidet, sodass dieser auf d1 die weiße Figurenkoordination stört. Eine interessante Position, die es im Auge zu behalten gilt.
Vincent macht es wie ein Eichhörnchen und verlegt sich aufs Anhäufen kleiner Vorteile. Sein Springer könnte in der festgelegten Stellung dem gegnerischen Läufer überlegen sein, außerdem hat sein Turm die Kontrolle über die a-Linie übernommen. Nun verbessert er die Position seines Königs, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden, wenn die Zeit reif ist.
Christian Struck besiegt Peter Heil in nur 21 Zügen. Nach dem Vorstoß am Königsflügel wollte Peter zu viel und brach trotz in der Mitte verbliebenen Königs die Zentrumsstruktur auf. Daraus resultierte zwar ein schwarzes Vollzentrum, doch war die Position des Nachziehenden für eine derartige Aktion noch nicht bereit und Christian eroberte taktisch einen ganzen Turm. Damit schließt er das Turnier mit starken 5 Punkten aus 7 Runden ab, Peter bleibt bei 4 aus 7.
Artur Steinhauer lässt gegen Thomas Reich bislang nichts zu. Er hat nach wie vor den Gambitbauern mehr, der inzwischen zu einem Freibauern auf b4 geworden ist. Angesichts des weißen Raumvorteils im Zentrum und am Königsflügel muss Schwarz aber weiterhin auf der Hut sein.
Quang Bach Duong bereitet seine Position langsam, aber sicher auf den Vorstoß …e5 vor. Könnte er diesen unter günstigen Bedingungen durchsetzen, wäre ihm die Initiative sicher. Auf der Uhr stehen knapp 40 Minuten mehr für ihn zu Buche.
Nach gut zwei Stunden stehen naturgemäß bereits einige Remisen zu Buche, aber der Anteil an entschiedenen oder noch laufenden Partien ist für eine letzte Runde dennoch gut.
Heiko Hymer knabbert Lars Balzers Damenflügel an, wohin sich der weiße König begeben hat. Dafür hat Weiß etwas Druck gegen den rückständigen Bauern e6 und 25 Minuten mehr Zeit auf der Uhr. Hier sind nach wie vor alle drei Ergebnisse möglich.
Vincent Blodig ist es gelungen, in die schwarze Stellung einzubrechen, und nun grast er die schwarzen Bauern einen nach dem anderen ab. Inzwischen sind so drei Mehrbauern zusammengekommen. Das sollte für den Sieg mehr als genug sein.
Markus Lechermann kommt Quangs drohendem e5-Vorstoß mit seinem eigenen f5 zuvor. Dies beschert Quang einen doppelten f-Bauern, hinter dem sein König aber relativ geschützt steht. Die e-Linie ist nun vollständig geöffnet. Beide Seiten müssen vor etwaigen Opfern gegen die eigene Königsstellung auf der Hut sein.
Vincent spielt nun ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern und drei gegen einen Bauern. Martin Schönwetter kämpft nach Kräften, doch Vincent scheint sich seiner Sache sehr sicher zu sein. Seine Freibauern stehen nur eine Linie voneinander entfernt und werden den Läufer daher wohl früher oder später vor unlösbare Probleme stellen.
An Brett 2 ist Artur Steinhauers Freibauer mittlerweile bis nach b2 vorgedrungen und bindet dort weiße Kräfte. Allmählich wird es eng für Thomas Reich, der mit dem Bauernvormarsch nach h6 Drohungen gegen den gegnerischen König kreieren will.
Und da ist es passiert: Martin Schönwetter reicht Vincent Blodig die Hand zur Aufgabe. Damit kommt Vincent in der Endabrechnung auf bärenstarke 5,5 Punkte – ebenso viele wie sein Trainer Žarko Vučković.
An Brett 9 bricht Alex Rempel jr. unter Robert Vučkovićs Dauerdruck schließlich zusammen. Robert kommt so nach einer eher durchwachsenen ersten Turnierhälfte noch auf versöhnliche 5 Punkte.
Sein Freibauer bringt Artur Steinhauer eine Qualität ein; dazu hat er nun noch einen Bauern mehr. Hier könnte sich eine große Überraschung anbahnen.
Bei Lechermann – Duong sind 40 Züge geschafft. Weiß hat eine Figur gegen drei Bauern gegeben und hat mit dem h-Freibauern nun einen langfristigen Trumpf. Schwarz dagegen wird versuchen, sein Läuferpaar in die Waagschale zu werfen. Richtig sicher steht keiner der beiden Könige, aber der schwarze ist noch etwas luftiger als sein weißes Pendant.
Michael Steinberger an Brett 17 sieht sich nach einem Qualitätsopfer seines Kontrahenten Maxim Jussim in einer misslichen Lage. Läufer und zwei verbundene Freibauern wird der Turm auf Dauer nicht im Zaum halten können. Vielleicht lässt sich aber am anderen Flügel noch ein eigener Freibauer bilden.
Christian Jordan hat an Tisch 5 soeben mit seinem f-Bauern auf g2 genommen. Paul Weichlein wird hier langsam, aber sicher arg in die Defensive gedrängt und hat zudem für die rund zehn Züge bis zur Zeitkontrolle keine zwei Minuten mehr auf der Uhr.
Nun kommt es an besagtem Brett zu einem offenen Schlagabtausch, an dessen Ende Christian Jordan einen ganzen Turm mehr auf dem Brett behält. Hier scheint Weiß nur noch im Trüben fischen zu können.
Thomas Reich stellt mit seinem Verbund aus Dame, Springer und Läufer kontinuierlich unangenehme Fragen auf den geschwächten schwarzen Feldern rund um die schwarze Königsstellung. Sein eigener König steht dabei vollkommen sicher. Die Zeitkontrolle hat Artur Steinhauer noch relativ souverän passiert, aber nun scheint ihm doch ein womöglich folgenschweres Versehen unterlaufen zu sein. Gewinnt der Internationale Meister hier am Ende des Tages noch die Oberhand?
Christian Jordan setzt Paul Weichlein im 42. Zug matt und reiht sich ebenfalls in die Gruppe der Spieler mit 5½ Punkten ein.
Nun geht es Schlag auf Schlag. Artur Steinhauer musste tatsächlich die Qualität zurückgeben und muss nun in einem Damenendspiel mit Minusbauer ums Remis kämpfen. Angesichts des weit vorgerückten weißen Freibauern auf d6 und der offenen schwarzen Königsstellungen dürfte das wahrlich eine Herkulesaufgabe werden.
Michael Steinberger hat in der Tat einen eigenen Freibauern am Königsflügel etabliert und diesen bis f7 vorangetrieben, sodass der schwarze Läufer nun permanent das Umwandlungsfeld im Blick behalten muss. Andererseits stehen bei Schwarz nach wie drei Freibauern dem weißen Turm gegenüber…
Und in diesem Moment werden die Partieformulare eingereicht, Maxim Jussim gewinnt gegen Michael Steinberger und beendet das Turnier mit 4½ Zählern.
In diesem Moment gibt Artur Steinhauer gegen Thomas Reich die Partie verloren. Ein bitteres Resultat für ihn, der die längste Zeit das Heft des Handelns fest in der Hand hielt und kurz vor einer faustdicken Überraschung stand. IM Reich schließt mit diesem schon in weiter Ferne scheinenden Sieg zu Uli Weller auf und kann sich berechtigte Hoffnungen auf den Turniersieg machen.
Und auch an Brett 3 hat sich das Bild deutlich gewandelt: Um den Preis eines weiteren Bauern hat der schwarze König eine Wanderung nach c7 absolviert, wo er deutlich sicherer steht als zuvor am Königsflügel. Nun ist es der weiße Monarch, dessen lückenhafter Verteidigungswall zunehmend zum Problem wird. Quang setzt zum finalen Schlag an.
Und er schießt den weißen König ab! Damit auch für Quang bärenstarke 6/7 und in jedem Fall ein Platz auf dem Podest.
Vier Partien laufen noch, davon drei Turmendspiele und ein Endspiel mit Turm und Springer. Lars Balzer und Heiko Hymer einigen sich nach langem Kampf auf Remis.
Binnen kürzester Zeit ist aus dem Endspiel mit Turm, Springer und vier Bauern gegen Turm, Springer und drei Bauern ein Endspiel König und Randbauer gegen König geworden. Dieses endet alsbald unentschieden, da der König von Smrithi Suryaprakash rechtzeitig nach f8 gelangt und so Dominic Auerbachs Monarchen den Zutritt zu den Schlüsselfeldern verwehrt.
Stefan Schork besiegt Michael Schrimpf – hier waren es am Ende zu viele Freibauern, die der Turm hätte aufhalten müssen. Noch zwei Partien sind in Gange.
Michael Tsiapouris hat erhebliche Schwierigkeiten sein Endspiel mit Turm und zwei verbundenen Freibauern gegen den blanken Turm zum Gewinn zu führen. Einen Bauern hat er bereits eingebüßt, und nun ist auch der zweite im Begriff zu fallen.
Und tatsächlich wird hier das Remis unterschrieben! Die letzte Partie des Turniers läuft an Tisch 14 zwischen Stefan Zinner und Asim Muharemagic.
Und in diesem Moment wird auch hier das Unentschieden vereinbart. Damit ist das 1. Freundschachts-Open der SF Augsburg spielerisch beendet. Nun bereiten wir alles für die Siegerehrung vor.
IM Thomas Reich gewinnt das 1. Freundschachts-Open mit 6/7 und der besseren Zweitwertung vor Uli Weller und Quang Bach Duong. Die Tabellen werden zeitnah auf unserer Website veröffentlicht. Hier im Wittelsbacher Schloss wird jetzt noch fleißig abgebaut, und darum endet die Liveberichterstattung an dieser Stelle. Kommt gut nach Hause und bei einer Neuauflage gerne wieder uns Schachfreunden!
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