Vor gut einer halben Stunde gab Turnierorganisator Stefan Blodig die fünfte der sieben Runden im Wittelsbacher Schloss zu Friedberg frei. Allmählich rückt das Turnierende näher und damit die Preise in den Fokus. Auf dem ersten Rundgang war bereits spürbar, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer etwas vorgenommen haben, die Zugfrequenz ist hoch.
IM Yevgeniy Roshka – GM Bryan Smith lautet die Spitzenpaarung dieser Runde. Beide sind bislang verlustpunktfrei unterwegs; sollte es hier heute einen Sieger geben, wird dieser gewiss ein gewichtiges Wort um den Turniersieg mitsprechen. Zur Diskussion steht erneut modernes Benoni, in dem Schwarz frühzeititg forsch mit c5-c4 und b7-b5-b4 am Damenflügel vorgeht. Beide Spieler führen ihre Züge rasch aus, sie scheinen ihre Theorie zu kennen.
IM Soham Das, der dritte Spieler mit weißer Weste, lässt gegen den Setzlistenersten den sizilianischen Drachen von der Kette. GM Hagen Poetsch, mit seinen 3½ Punkten zum direkten Verfolgerfeld zählend, wählt den jugoslawischen Angriff mit 9.0-0-0 d5 und scheint hier gut präpariert zu sein. Aktuell hat er 25 Minuten mehr Zeit auf der Uhr als sein Gegenüber.
An Tisch 3 treffen mit FM Korbinian Nuber und dem Lokalmatador Quang Bach Duong die beiden anderen Spieler mit 3½ Punkten aufeinander. Dieses Duell gab es unlängst erst in der Regionalliga Süd-West zu sehen; hier setzte Quang sich in wenig mehr als 20 Zügen durch. Statt Sizilianisch wird heute das altehrwürdige Schottisch debattiert; FM Nuber würde sich gewiss gerne für die jüngste Niederlage gegen Quang revanchieren.
An Brett 10 kreuzt der spanische Nachwuchsspieler Lucas Deusa Ballesteros mit dem Friedberger Lokalmatador Helmut Kessler die Klingen. Passenderweise steuert Lucas die Partie mit Zugumstellung in katalanische Gefilde, worauf Helmut mit einer holländischen Stonewall-Formation reagiert. Man darf gespannt sein, wessen Strategie hier letztlich triumphieren wird.
FM Dieter Seyb muss sich an Tisch 19 mit einer scharfen Philidor-Variante von Wolfgang Koelbl auseinandersetzen. Schwarz scheint seine Theorie zu kennen, seine Antworten auf die weißen Züge kommen bislang ohne nennenswerte Verzögerung.
Malte Petersen legt seine Begegnung mit Vladislav Barsov scharf an und bringt gegen die französische Verteidigung entgegengesetzte Rochaden aufs Brett. Thematisch legt Weiß am Königsflügel mit g2-g4 los, während Schwarz am Damenflügel mit a7-a6 und b7-b5 kontert. Nachteilig könnte sich das früh in der Partie geschehene weiße a2-a3 auswirken, bietet es dem Nachziehenden doch einen Ansatzpunkt für Linienöffnungen gegen den weißen Monarchen.
Moritz Ramming zieht gegen Smrithi Suryaprakash das sizilianische Schwert und wird früh am Damenflügel aktiv; sein Turm steht bereits auf c4. Bis zur Rochade benötigt Schwarz allerdings noch ein paar Züge – kann Weiß das ausnutzen?
Eine Eröffnungsüberraschung erlebt Alexander Nickel im Duell zweier Nachwuchsspieler gegen Yunchi Li von den SF Augsburg. Im schottischen Gambit schlägt es früh auf g7 ein und Weiß hat zwar kein Mehrmaterial, doch stellt die zertrümmerte schwarze Königsstellung eine gewaltige Hypothek dar. Schauen wir, ob es Alexander gelingen wird, den heraufziehenden Sturm zu meistern.
Sein offener König bereitet Schwarz gewisse Sorgen.
In der Spitzenbegegnung hat GM Smith gerade einen Bauern mehr; wie dauerhaft dieses Materialplus sein wird, muss sich allerdings noch zeigen. Er hat weiterhin 20 Minuten mehr Bedenkzeit auf der Uhr, muss aber auch noch das Problem seines unterentwickelten Damenflügels lösen.
GM Poetsch hat nach 15 Zügen fast eine Stunde mehr Bedenkzeit auf der Uhr. Allzu viel scheint hier noch nicht passiert zu sein; der Abtausch des Drachenläufers spielt jedoch gewiss Weiß in die Karten.
An Tisch 3 hat sich ein weißer Bauer bis nach c7 durchgekämpft. Quang wirkt nicht sonderlich beunruhigt und kann seinerseits auf das Läuferpaar verweisen. Beide Könige stecken momentan in der Mitte fest – eine malerische Stellung, die einigen taktischen Sprengstoff birgt.
Helmut Kessler geht gegen Lucas Deusa Ballesteros thematisch mit g7-g5 am Königsflügel vor. Ebenfalls thematisch ist der schlechte weißfeldrige Lc8, für den der Nachziehende irgendeine Verwendung finden muss. Hier steht ein wohl prinzipieller strategischer Wettstreit bevor.
FM Seyb schickt an Brett 19 eine Bauernwalze in Richtung von Wolfgang Koelbls kurz rochiertem König. Dieser versucht seinerseits, Gegenspiel am Damenflügel aufzuziehen, doch der lang rochierte weiße König wirkt hier sicherer als sein Pendant auf h8.
An Brett 46 muss die Stellung ziemlich rasch explodiert sein, denn als der Berichterstatter zum zweiten Mal dort vorbeischaute, hatte Schwarz bereits Dame und drei Bauern gegen einen Turm erbeutet und den ehemals lang rochierten weißen König bis nach e3 gejagt. Hier ist der schwarze Sieg nur noch eine Frage der Zeit.
Petersen – Barsov: Der schwarze Angriff erwies sich als weitaus gefährlicher als der weiße Aufmarsch am entgegengesetzten Flügel. Etwas später stand der weiße König auf e3.
An Tisch 49 hat Moritz Ramming mittlerweile eine klassische Najdorf-Struktur etabliert. Seine Gegnerin visiert mit beiden Springern das Vorpostenfeld d5 an, Schwarz geht thematisch mit den Damenflügelbauern vor und übt Druck auf der halboffenen c-Linie aus.
An Brett 62 hat Weiß inzwischen einen ganzen Turm mehr. Hier ist die Messe gelesen und wenig später gibt Yunchi dann auch die Partieformulare bei der Turnierleitung ab. Der zweite Punkt für den Augsburger Nachwuchsspieler.
GM Smith hat seinen Mehrbauern zurückgegeben, um die Entwicklung seines Damenflügels abzuschließen. Weiß gebietet nun über einen Freibauern auf d5 sowie einen Springer auf d6, der gerade die lästige Drohung Te8+ mit Damengewinn unterstützt. Schwarz investiert nun einige Zeit, um über sein weiteres Vorgehen zu befinden.
GM Poetsch hat mittlerweile zwei Bauern geopfert, um seinen Angriff in Schwung zu bringen. IM Das verfügt nur noch über 15 Minuten Bedenkzeit plus Inkrement für gut 25 Züge, und das in einer solch scharfen Stellung. Dass er mit dem Druck auf der Uhr umzugehen versteht, hat er indes erst heute Vormittag gegen Uli Weller unter Beweis gestellt. Es lohnt sich auf jeden Fall, dieses Brett im Auge zu behalten, denn hier steht ein scharfer Kampf bevor.
Quangs Dame steht an Tisch 3 in einem Abzug, doch das stört Quang ebensowenig wie der weiße Bauer auf c7. Er hat ein komfortables Zeitpolster von 40 Minuten mehr auf der Uhr und baut auf sein breites Zentrum und seine eigenen Drohungen gegen den in der Mitte verbliebenen weißen König. Nach einiger Überlegung bietet FM Nuber eine Figur für ein Dauerschach an. Dass Quang sich darauf einlässt, erscheint jedoch unwahrscheinlich.
Nuber – Duong: Für die Engine trockener Ausgleich, aber für einen Menschen…
An Brett 10 macht Weiß langsam Fortschritte am Damenflügel: Er beherrscht die halboffene c-Linie und visiert mit seinen Springer potentielle Vorpostenfelder an. Schwarz hat seinerseits als Speerspitze seiner Stellung einen Springer auf e4 installiert. Der Zeitverbrauch ist jeweils fast identisch.
Wolfgang Koelbl hat seinen König verschanzt und ihm ein Ross auf g8 an die Seite gestellt. Am Damenflügel kommt er nur langsam voran. Dieter Seyb investiert Zeit, um die beste Fortsetzung zu finden, und ist auf der Uhr aktuell rund 20 Minuten im Rückstand.
Die Begegnung an Tisch 46 ist bereits beendet: Vladislav Barsov gelingt ein überzeugender Schwarzsieg gegen Malte Petersen.
An Brett 49 spielen beide Seiten weiterhin prinzipiell. Smrithi Suryaprakash ist soeben mit einem Springer auf d5 gelandet; unbehelligt lassen wird Schwarz ihn dort freilich nicht. Die Uhr weist einen Vorsprung von 25 Minuten zugunsten von Moritz Ramming aus.
In der Spitzenbegegnung versucht GM Smith, den lästigen weißen Freibauern auf d5 anzuknabbern. Weiß hat den Stolz seiner Stellung allerdings gut verankert und wird bestmöglich gegenhalten.
Soham Das lebt auch in dieser Runde inzwischen nur noch von seinem Inkrement. Er hat seine Dame zur Unterstützung seiner Königsstellung nach g7 fianchettiert und besitzt nach wie vor einen Mehrbauern. Da Hagen Poetsch seine eigene Königsstellung mit b2-b3 ebenfalls schwächen musste, besteht hier latentes Konterpotential. Die gut 20 Züge bis zur Zeitkontrolle versprechen gute Unterhaltung.
Quangs König steht auf h8 inzwischen sehr sicher. Das breite schwarze Zentrum wirkt imposant, dazu kommt der erkleckliche Zeitvorsprung. Weiß lebt praktisch auch nur noch von seinem Inkrement, konnte aber immerhin seinen König in Sicherheit rochieren. Der Freibauer auf c7 bleibt ein Trumpf, doch ist es die Frage, ob der Anziehende noch dazu kommt, ihn auszuspielen.
Die Antwort lautet: Nein. Soeben gibt Quang die Partieformulare ab. Er gewinnt eine sehenswerte Partie gegen FM Nuber und zählt mit 4½/5 zu den Favoriten auf eine Platzierung in den Preisgeldrängen.
Lucas Deusa Ballesteros hat mittlerweile einen eigenen Springervorposten auf e5 installiert, der schwarze hingegen ist vom Brett verschwunden. Helmut Kessler lässt nun auch den h-Bauern gegen die weiße Königsstellung auffahren, doch scheint Weiß hier in der Vorhand zu sein. Ein potentielles Ziel für seinen weißfeldrigen Läufer könnte der schutzbedürftige schwarze Bauer auf f5 sein.
Wolfgang Koelbl musste gegen FM Seyb eine Qualität geben. Hier läuft offenbar alles nach Plan für den Anziehenden, der allerdings auf seinen Bedenkzeitvorrat zu achten haben wird.
An Tisch 49 hat Weiß den Bauern auf a6 geklaut. Im Gegenzug dürfte Schwarz in Kürze den Gegenstoß d6-d5 durchsetzen können, wonach der Sa6 etwas abseits des Schauplatzes der Ereignisse gestrandet wäre.
IM Yevgeniy Roshka hat gegen GM Bryan Smith eine Qualität mehr. Smith lässt nun seine verbliebenen Figuren gegen die weiße Königsstellung auffahren. Beide Spieler haben weniger als 20 Minuten Restbedenkzeit bis zur Zeitkontrolle.
Das Materialverhältnis an Tisch 2 ist inzwischen wieder ausgeglichen; zeitlich liegt Weiß nach wie vor deutlich in Front. In der scharfen Stellung haben beide Seiten ihre Chancen gegen den jeweils anderen König – ein Fehltritt und es kann vorbei sein.
An Brett 10 hat sich Schwarz am Königsflügel festgelaufen. Sein weißfeldriger Läufer fristet auf e6 das triste Dasein eines Großbauern. Der Anziehende hält hier das Heft des Handelns in der Hand und wird wohl versuchen, mit seinem Bauernhebel am Damenflügel eine Schwäche im gegnerischen Lager zu schaffen.
Deusa Ballesteros – Kessler: Der schwarze Läufer auf e6 ist wahrlich keine Zierde seiner Zunft.
An Tisch 19 klopft Weiß nunmehr an die schwarze Königsstellung an. Mit der Mehrqualität könnte es hier rasch zu Ende gehen, wenn sich die Stellung öffnet.
Und genau das passiert auch, Wolfgang Koelbl reicht seinem Kontrahenten DIeter Seyb die Hand zur Aufgabe. Seyb steht damit bei 3½/5 und kann morgen noch weiter vorne mitmischen.
Seyb – Koelbl: Das Matt auf g7 ist nicht mehr zu verhindern.
Bei Suryaprakash – Ramming ist d6-d5 unterblieben und Weiß hat weiterhin einen Mehrbauern, dafür aber auch 20 Minuten Zeitnachteil. Eben greift der Nachziehende einen weißen Turm mit dem Läufer an. Wie es aussieht, kann er hier gleich die Qualität erobern.
An Tisch 1 sind die Damen getauscht. Schwarz verwaltet eine Minusqualität und hat nur noch rund drei Minuten auf der Uhr. Hier stehen die Zeichen auf Sieg für Weiß.
Und in diesem Moment trifft das Ergebnis ein: IM Yevgeniy Roshka schlägt auch GM Bryan Smith und steht damit bei makellosen 5/5.
Die Endstellung an Tisch 1.
Bei Poetsch – Das steht mittlerweile ein Turmendspiel mit jeweils vier Bauern auf dem Brett. Das Remispotential scheint nunmehr relativ hoch.
Lucas Deusa Ballesteros hat Helmut Kessler einen Bauern abgeknöpft und im Endspiel mit Dame und gleichfarbigen Läufern auch die aktiveren Figuren. Das sollte Weiß nach Hause bringen können.
Tisch 49 sieht gleiches Material, aber aktivere schwarze Figuren sowie schwarzen Raum- und Zeitvorteil. Allmählich gewinnt der DWZ-Favorit hier die Oberhand.
Suryaprakash – Ramming: Gleich wird Schwarz auf die 2. Reihe eindringen.
Die Begegnung an Brett 10 ist beendet: Lucas Deusa Ballesteros obsiegt und steht somit bei sehr guten vier Punkten aus fünf Partien.
An Brett 2 wird nach wie vor ein Turmendspiel geübt. Hagen Poetsch ist in der aktiveren Position, doch Soham Das hält dagegen und versucht, mit Bauerntausch dem Remis näher zu kommen.
Die Runde ist beendet: GM Hagen Poetsch setzt sich nach langem Kampf gegen IM Soham Das durch und kommt damit auf 4½/5.
In höchster Zeitnot zog Soham Das hier 47…Kc5? und musste wenige Züge später aufgeben, da der weiße König ins Quadrat des schwarzen a-Bauern gelangt. 47…Ke6 hätte – allerdings nicht trivial – Ausgleich gewahrt.
Die 6. Runde startet morgen bereits um 8.30 Uhr! Die Auslosung erfolgt in wenigen Minuten.
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