Runde 2 läuft!

Pünktlich um 16 Uhr wurde die heutige Nachmittagsrunde freigegeben. Wir berichten für Euch wieder live aus dem Wittelsbacher Schloss zu Friedberg.

Am Spitzenbrett darf sich in dieser Runde Kurt Kaufmann aus Nördlingen daran versuchen, GM Li Min Peng ein Bein zu stellen. Der Großmeister eröffnet mit 1.Sf3 und lenkt die Partie dann in Richtung eines Doppelfianchetto-Aufbaus. Schwarz baut sich dagegen klassisch und solide im Stil des abgelehnten Damengambits auf. Wessen Ansatz wird sich hier am Ende durchsetzen, derjenige Nimzowitschs und Rétis oder derjenige Dr. Tarraschs?

An Tisch 2 treffen Stanislaw Berlizov von SC Beilngries und IM Vadym Petrovskiy aufeinander. Die Rollen sind hier natürlich auch klar verteilt, doch denkt der Meister hier bereits in der Eröffnung länger nach als sein Kontrahent. Die Theorie der zur Debatte stehenden Variante im Nimzoinder (4.Dc2) dürfte wohl beiden vertraut sein; Weiß verfügt einstweilen über das Läuferpaar.

Einen auf dem Papier übermächtigen Gegner hat auch Moritz Ramming am 3. Brett vor der Brust. GM Bryan Smith greift gegen Moritz‘ Sizilianer zur eher seltenen gespielten Fianchetto-Variante – ein zurückhaltend anmutender Aufbau, den Schwarz aber keinesfalls unterschätzen sollte. Weiß geht denn auch rasch mit g3-g4 vor und verschafft seinem Springer so ein Feld auf g3 als Basis für Ausflüge ins feindliche Territorium.

Frontal springt hingegen Lokalmatador Michael Schrimpf an Tisch 4 den Najdorf-Sizilianer seines Gegenübers, GM Hagen Poetsch, an: Lange Rochade und Bauernsturm am Königsflügel, lautet hier das Rezept. Schwarz indes hat seinen König noch in der Mitte gelassen, wo dieser einstweilen sicherer stehen könnte als auf dem Königsflügel, und prescht seinerseits mit b7-b5 am Damenflügel vor. Der kleine Bauernzug a2-a3 könnte dem Nachziehenden hier die Handhabe für künftige Linienöffnung gegen den weißen Monarchen geben. Ein scharfer Kampf steht zu erwarten.

Wladislaw Berlizov, der Bruder von Stanislaw an Brett 24, hat seinen Kontrahenten Peter Langer mit dem Mittelgambit augenscheinlich überrascht, verfügt er doch bereits über ein komfortables Zeitpolster von rund einer halben Stunde mehr. Aus theoretischer Sicht gilt die Eröffnungswahl des Anziehenden als nicht ideal, da die Dame sehr früh ins Spiel gebracht wird, doch wir alle wissen, dass ein theoretisches Verdikt in der praktischen Partie erst einmal nachgewiesen sein will. Seien wir gespannt, welchen Verlauf diese Partie nehmen wird.

An Tisch 37 spielt mit Gerhard Müller von Schwarz-Weiß Nürnberg Süd einer von gar nicht so wenigen Teilnehmern, die unser Freundschachts-Open bereits zum dritten Mal besuchen – er scheint sich wohlzufühlen im Wittelsbacher Schloss zu Friedberg. 🙂 Sein Londoner System beantwortet Yon Luis Romano-Brandt mit einem holländischen Aufbau, was nach ein paar Scharmützeln zu der bemerkenswerten Situation führt, dass Weiß erst einen Bauernzug (d2-d4) ausgeführt hat, Schwarz hingegen deren fünf, darunter auch den Zug b7-b5. Es wird interessant zu beobachten sein, welche Stellungsbilder sich hier noch ergeben werden.

Oda Lorenz, ein schachliches Urgestein von der SG Augsburg, schlägt auch mit über 70 Jahren noch immer eine scharfe Klinge. An Tisch 61 bringt sie das Morra-Gambit aufs Brett, das schon vielen unbedarften Schwarzspielern ein böses Erwachen beschert hat. Auch Aakarshan Jena vom FC Bayern München dürften die stark geschwächten schwarzen Felder um seinen in der Mitte verbliebenen König bereits früh arges Kopfzerbrechen bereiten, ebenso der weiße Vorpostenbauer auf e5. Für die Anziehende scheint sich die Bauerninvestition bislang auszuzahlen.

Am 66. Brett erspähte der Berichterstatter einen doppelten Doppelbauern auf der c-Linie, entstanden im Gefolge einer schottischen Partie. Wessen Doppelbauer sich als schwächer erweisen wird, ist noch nicht absehbar; alltäglich ist diese Bauernkonfiguration jedenfalls ganz gewiss nicht.

Exakt zwei Dutzend Partien sind nach knapp 1¾ Stunden bereits beendet; größere Überraschungen haben sich dabei allerdings noch nicht ereignet.

Bei GM Peng – Kaufmann hat Weiß einen kleinen Zeitvorsprung von zehn Minuten herausgespielt. Nach dem Abtausch der schwarzfeldrigen Läufer könnte Weiß versuchen, das Feld e5 als Stützpunkt für seine Springer anzuvisieren. Mit dem Zug Sf6-e8 macht sich sein Gegenüber umgehend bereit, einen etwaigen Eindringling mit f7-f6 wieder hinauszubefördern.

Stanislaw Berlizov verwaltet gegen IM Petrovskiy einen Zeitvorteil von rund 15 Minuten. Die Position auf dem Brett bewegt sich nach wie vor in normalen Bahnen; hier sind weiterhin alle drei Ergebnisse möglich.

GM Smith kann in seiner Begegnung mit Moritz Ramming auf einen erklecklichen Raumvorteil am Königsflügel verweisen. Die vielen Bauernzüge verschaffen allerdings auch dem eigenen König ein einigermaßen luftiges Quartier. Der Nachziehende versucht, der weißen Bauernwand mit f7-f5 Einhalt zu gebieten; nach exf5 dürfte perspektivisch auch der weiße Fianchettoläufer abgetauscht werden, wonach dem weißen Springer das starke Feld d5 winkt. Den Zuschauern wird hier eine gehaltvolle Stellung geboten.

Verzogen hat sich der Pulverdampf bei Schrimpf – GM Poetsch: Weiß ist mit einem Mehrbauern aus den Verwicklungen hervorgegangen, im Endspiel mit jeweils 2 Türmen, gleichfarbigen Läufern und noch drei weiteren Bauern. Der Anziehende gebietet über ein Freibauernduo auf der b- und c-Linie, Schwarz dagegen besitzt eine zentrale Bauernmasse inklusive eines Freibauern auf e6 sowie aktuell die aktiveren Figuren. Zeitlich liegen beide Kombattanten etwa gleichauf.

An Tisch 24 hat Weiß seinen Zeitvorsprung konsolidiert und zwei Figuren für einen Turm gewonnen. Die Damen sind inzwischen vom Brett verschwunden. Hier sehen die Buchmacher den Anziehenden in der Vorhand.

Gerhard Müller hat mit nur zwei weiteren Bauernzügen g3 und h4 den Rest seiner Streitmacht entwickelt. Der schwarze Raumvorteil ist jedoch beträchtlich und sein Springer visiert den Stützpunkt c4 im weißen Lager an, wie sich auch ganz allgemein allmählich Ungemach über dem weißen König zusammenzubrauen scheint.

Tisch 24 endet mit dem erwarteten Ergebnis, doch überraschend schnell: Weiß gewinnt nach nur 22 Zügen.

Nach 22.Sf5 hatte Schwarz genug gesehen: Wl. Berlizov – Langer 1:0

Oda Lorenz hat ihrem jungen Gegenüber erlaubt, sich mittels Damentausch zu entlasten und den Monarchen durch eine künstliche Rochade in Sicherheit zu bringen. In der Folge bieten sich für Schwarz einige Gegenchancen gegen die gelockerte weiße Stellung, doch scheint der Nachziehende einem Remis nicht abgeneigt zu sein. Das erste Angebot lehnt die Veteranin selbstbewusst ab, aber nach dem Abtausch beider Turmpaare wird im ungleichfarbigen Läuferendspiel doch die Friedenspfeife geraucht.

32…Tc4! hätte Weiß angesichts des Doppelangriffs auf Läufer und den wichtigen Bauern auf f4 unangenehme Fragen gestellt. Nach 32…Thd8 plätscherte die Partie stattdessen dem Remishafen entgegen.

An Brett 66 nennt Konstantin Frikel eine glatte Mehrfigur sein Eigen. Von dem doppelten Doppelbauern auf der c-Linie ist – nachdem sich kurzzeitig sogar ein „Fünffachbauer“ in der c-Linie materialisiert hatte – noch der schwarze auf c6 und c7 übrig, blockiert von einem weißen Bauern auf c5. Hier sollte der Ausgang nur noch Formsache sein.

Ein seltener Anblick bei Frikel – Liu: der „Fünffachbauer“ auf der c-Linie.

In der Spitzenbegegnung dieser zweiten Runde hat der Anziehende mittlerweile ein sattes Zeitplus von 40 Minuten erwirtschaftet. Dazu kommt eine Mehrqualität, für welche die beiden schwarzen Freibauern in der a- und b-Linie keine ausreichende Kompensation bieten sollten. GM Peng wehrt zunächst noch eine Drohung Kurt Kaufmanns gegen den weißen König ab und wird nun daran gehen, seinen Vorteil zu verwerten.

Stanislaw Berlizov kann gegen IM Petrovskiy noch immer auf sein Läuferpaar verweisen; zudem hat er zehn Minuten Zeitvorsprung. Allerdings spielen momentan weder Ta1 noch Lc1 mit; die schwarzen Figuren entfalten demgegenüber sämtlich Aktivität. Das Bauernzentrum ist gerade in Auflösung begriffen. Hier könnte allmählich der Meister das Kommando übernehmen.

Mit einem Favoritensieg endet die Partie an Tisch 3. Die durch f7-f5 entstandenen Felderschwächen im schwarzen Lager sollten sich als entscheidend herausstellen, wie GM Smith überzeugend demonstrierte. Für ihn damit ein standesgemäßer Einstand beim 3. Freundschachts-Open, volle Punktausbeute nach zwei Runden.

Das weiße Ross ist wahrlich eine Zierde seiner Zunft. Nur drei Züge später strich Schwarz schon die Segel, da sein König in ein Mattnetz geraten war.

Ein weiterer Favoritensieg wird vom 4. Brett gemeldet. Kurz nach dem letzten Zwischenstand griff Michael Schrimpf daneben und erlaubte seinem Gegenüber, mit beiden Türmen auf die erste Reihe zu gelangen. Das daraufhin erzwungene Figurenopfer könnte sogar noch einkalkuliert gewesen sein, da der h-Bauer des Anziehenden sich nun anschickte, zum Sturmlauf Richtung Umwandlungsfeld anzusetzen. Als der Nachziehende dies jedoch parieren konnte, musste Weiß die Hand zur Aufgabe reichen. GM Hagen Poetsch ist damit der Zweite im Bunde der Meister, der seine weiße Weste am ersten Tag bewahren konnte.

Schrimpf – GM Poetsch: Nach 23.g5 folgte 23…Te1+ 24.Ka2 Ta8+ 25. Kb3 Taa1 und Schwarz stand auf Gewinn.

Gerhard Müller hat seinen König aus der langen Rochadestellung zurück ins Zentrum evakuiert, wo er aktuell sicherer steht als in seiner ehemaligen Residenz am Damenflügel. Yon Luis Romano-Brandt sucht nach einem Weg, zum weißen Monarchen durchzubrechen, sollte jedoch auch seinen eigenen König nicht zu sehr vernachlässigen. Der Mehrbauer des Anziehenden spielt einstweilen noch keine Rolle.

Konstantin Frikel verwertet sein Mehrmaterial im Endspiel und bezwingt an Tisch 66 erwartungsgemäß Linus Liu.

Am Spitzenbrett steht GM Peng mit Mehrqualität samt drei Mehrbauern sowie 45 Minuten Zeitvorsprung vor seinem zweiten Sieg beim diesjährigen Freundschachts-Open. Kurt Kaufmann fahndet angestrengt nach einem Weg zum weißen König, doch sollte es hier nur noch eine Frage der Zeit sein, bis der Widerstand des Schwarzen gebrochen ist.

Spannend geht es an Tisch 2 zu. Für über 15 Züge stehen Weiß nur noch rund 14 Minuten zur Verfügung, Schwarz gar nur noch deren vier. Die Initiative liegt inzwischen allerdings bei IM Petrovskiy, der mit einem Verbund aus Dame, Springer und Zentrumsbauer Druck auf Stanislaw Berlizov ausübt. Eine Rolle spielen könnte in der sich anbahnenden Zeitnotschlacht womöglich auch einmal das fehlende Luftloch auf Seiten des Nachziehenden. Wir bleiben dran.

Am 37. Brett bewahrheitet sich wieder einmal, dass Angreifen einfacher ist als Verteidigen. Nach einer Ungenauigkeit wird Gerhard Müllers König von den schwarzen Schwerfiguren erbarmungslos über das ganze Brett gejagt und schließlich tief im gegnerischen Lager zur Strecke gebracht. Ein sehenswertes Finish und ein verdienter Sieg für Yon Luis Romano-Brandt.

Des weißen Königs Ende bei Müller – Romano-Brandt: Es folgt 45…Tf8#.

Gerade als der Berichterstatter wieder zum Rundgang ansetzt, endet die Begegnung an Tisch 1: Kurt Kaufmann gratuliert seinem Kontrahenten zum Sieg. Damit ebenfalls 2/2 für den Elo-Favoriten des Turniers, GM Li Min Peng.

Die Endstellung bei GM Peng – Kaufmann.

Weiterhin verbissen gekämpft wird dagegen am 2. Brett. Inzwischen hat IM Petrovskiy hier einen Mehrbauern herausgespielt, bei dem es sich obendrein um einen entfernten a-Freibauern handelt. Bis zur Zeitkontrolle sind noch sieben Züge zu machen; beide Kombattanten liegen bei unter fünf Minuten Restbedenkzeit. Stanislaw Berlizov schafft mit dem kühnen Vorstoß seines h-Bauern praktische Probleme für den Monarchen des Nachziehenden.

Inzwischen ist die Zeitkontrolle bei Berlizov – IM Petrovskiy geschafft. Insgesamt laufen noch rund zehn Partien.

Die Damen sind von Brett 2 verschwunden und entstanden ist ein Endspiel mit 3 Bauern gegen Springer und 2 Bauern, davon ein Randbauer. Schwarz wird hier gewinnen. Insgesamt laufen nach vier Stunden noch vier Partien.

Und da ist es amtlich: 0:1 an Tisch 2. IM Vadym Petrovskiy reiht sich damit auch in den Kreis der Zweipunkter ein. Stanislaw Berlizov darf hier aber erhobenen Hauptes den Saal verlassen, hat er dem turmhohen Favoriten doch einen großen Kampf geboten.

An Brett 50 wird ein Endspiel Turm und 3 Bauern gegen Turm und Läufer geübt. Weiß gelingt es, seinen Turm so gegen den gegnerischen Läufer zu opfern, dass seine verbleibenden Bauern vom schwarzen Turm nicht alle aufzuhalten sind. Am Ende erringt Jürgen Förster so einen hart erkämpften Sieg gegen Patrick Schubert. Nun ist nur noch ein Partie im Gange: Tisch 56, Mehmet Hakki Uysal gegen Andreas Hohoff. Zur Diskussion steht hier ein Turmendspiel mit einem Mehrbauern auf schwarzer Seite, das objektiv unentschieden enden sollte.

Nach Dr. Tartakower sind bekanntlich alle Turmendspiele remis. Dieses hier wird nun allerdings unerwartet doch noch einen Sieger finden, da der Anziehende die rettende Abzweigung Richtung Philidor-Stellung verpasst hat und nun in die Grundreihen-Verteidigung gezwungen wurde, die gegen einen Läuferbauern allerdings nicht funktioniert. Das Umgehungsmanöver des schwarzen Turms wird in Kürze den Tag zugunsten von Andreas Hohoff entscheiden.

Und so kommt es: Andreas Hohoff beschließt mit seinem Sieg nach 4½ Stunden die zweite Runde. In Kürze nehmen wir die Auslosung zur morgigen Vormittagsrunde vor, die um 9 Uhr beginnt. Bis dahin wünscht das Team noch einen schönen Abend. Für heute beenden wir das Liveblog.


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